Simone Wolf

Fachberatung Hochsensibilität & Virtuelle Assistenz

Über die Vielfalt von „Was bedeutet Hochsensibilität?“

Heutzutage ist eine große Vielfalt an Definitionen und Beschreibungen von dem zu entdecken, was Hochsensibilität bedeutet. Mit großem Interesse gehe ich den Spuren der Bedeutung nach, das eigene Leben als sehr sensibler Mensch zu gestalten und zu führen – und dies mit allem, was es auch zu bewältigen gilt.

Sehr grundlegend betrachtet, fühlen sich alle Menschen, egal ob sie eher mehr oder weniger sensibel sind, auf einem bestimmten Niveau an Reizen am wohlsten. Wir sind sozusagen in unserer persönlichen „Wohlfühlzone“, in der wir uns am liebsten aufhalten. Haben wir zu wenig Reize, kann sich schnell Langeweile oder auch Unruhe einstellen. Bei zu vielen Reizen, bei einer Reizüberflutung, hingegen fühlen sich viele Menschen überfordert, gestresst oder sogar bedroht. Hochsensible Menschen erreichen ihre jeweilige optimale Reizschwelle (oder auch „optimales Erregungsniveau“ nach Dr. Elaine Aron) jedoch bereits in Situationen, in denen andere sozusagen noch wenig oder kaum berührt sind. Während viele Menschen eine laute oder aufregende Umgebung als sehr anregend empfinden, kann dies für hochsensible Menschen schon zu viel sein. Sie fühlen sich oft viel schneller überreizt von intensiven Reizen. Das liegt jedoch nicht daran, dass hochsensible Menschen weniger belastbar wären, sondern daran, dass sie mehr wahrnehmen. Ihr Nervensystem ist besonders feinfühlig und reagiert auf Details, die anderen möglicherweise entgehen. Hochsensible Menschen erfassen feine Nuancen und verarbeiten Eindrücke sehr viel tiefer. Dieses ausgeprägte und damit erhöhte Wahrnehmungsvermögen bringt durchaus Vorteile mit sich: Hochsensible Menschen erleben die Welt in gewisser Weise intensiver, erkennen Details und Emotionen schneller und nehmen oft Schönheiten wahr, die manch anderen verborgen bleiben.

Eine meiner Lieblings-Definitionen habe ich in dem Buch „Mit allen Sinnen auf Empfang“ von Debora Sommer gefunden. Sie lautet schlicht: „Hochsensibilität bedeutet, sowohl das Schwere als auch das Schöne sehr tief zu empfinden.“ (S.156). Diese Worte bringen besonders für mich als introvertiert-hochsensibler Mensch sehr vieles im Leben auf den Punkt. Beim Lesen berührt es mich sehr, weil auf erstaunliche Weise etwas für mich zusammenkommt, was ich aus meinem tagtäglichen Erleben allzu gut kenne. Die Schweizer Theologin schreibt bereits in ihrer Einleitung, dass Hochsensibilität „in erster Linie Ausdruck einer anderer Lebensrealität ist, welche – neben herausfordernden – viele wundervolle Seiten hat.“ (S.10). Hochsensibilität bedeutet, einen Zugang zu Wahrnehmungsebenen zu haben, der anderen Menschen in dieser Form einer erhöhten Sensitivität eher weniger möglich ist. Selbst kleine Details können als „wundervoll“ und „schön“ empfunden werden, sei es der Anblick der Strahlen einer brennenden Kerze in dieser beginnenden Adventszeit.

Oft sehen Hochsensible sich durch diese besonders intensive Wahrnehmung aber auch als begrenzt im Alltag, da sie schneller in Überreizung kommen können. Sie sind eben mit allen Sinnen auf Empfang. Das Leben erscheint wie ein Akt der Balance zwischen der eigenen intensiven Wahrnehmung und den scheinbaren Begrenzungen durch diese.

In dem Buch von Debora Sommer kommen das Thema der Hochsensibilität und der christliche Glaube in einer faszinierenden Art und Weise zusammen, in der Sicht eines Gottesgeschenks. Die Autorin und Theologin lädt zu einer tiefergehenden Reise ein, die viel Raum gibt, um das eigene Leben neu zu reflektieren und um in dem Persönlichkeitsmerkmal der Hochsensibilität ein oftmals zuvor verborgenes Geschenk zu entdecken und auszupacken.

Und ist es nicht lohnenswert, sich aufzumachen und die wundervollen und schönen Seiten der Hochsensibilität als ein Geschenk zu entdecken und gerade darin gestärkt zu leben? 

Mehr zu lesen in: Debora Sommer, Mit allen Sinnen auf Empfang – Hochsensibilität als Gottesgeschenk und Auftrag, SCM Verlag Stuttgart, 2021


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